Traditionen im Bergbau: Der Ledersprung
Wie in vielen Bergbauorten hat auch der Ledersprung in Altaussee eine lange Tradition. Jeder Bergmann „springt“ bei diesem alten Ritual in seinen neuen Berufsstand und wird in die Gemeinschaft der Bergarbeiter aufgenommen.
Ein gutes Beispiel für diese Gemeinschaft, die sich auch in ihrer Freizeit zur Seite steht, ist die „Bruderlade“. Jeder Bergmann kann ihr beitreten und zahlt einen gewissen Prozentsatz seines Gehalts freiwillig in die Bruderlade ein. So hat er auch Anspruch auf gewisse Leistungen im Krankheitsfall. Diese alte Form der Krankenversicherung existiert bis heute als „Zusatzversicherung“ in Altaussee, Ischl und Hallstatt.
Ursprünglich kam die heutige Form des Ledersprunges 1848 aus Schemnitz (Banská Štiavnica) in der heutigen Slowakei nach Österreich. Die deutschsprachigen Studenten und Professoren mussten im Zuge des Revolutionsjahres ihre Heimat verlassen und brachten ihre Bräuche und Traditionen mit.
Rituale zur Aufnahme in einen bestimmten Stand, die sogenannte „Zunft“, sind seit Jahrhunderten bekannt und werden zum Teil noch heute ausgeübt. Nie verloren gegangen sind sie beim „Bergmannsstand“.
In Altaussee läuft der Ledersprung wie folgt ab:
Nach einer gemeinsamen Andacht in der Barbarakapelle rund um den 4. Dezember (Barbaratag), die von der Salinenmusik Altaussee musikalisch gestaltet wird, begeben sich die Bergmänner in ein Gasthaus. Dort findet nach einer gemeinsamen Stärkung der Ledersprung statt.
Als Zeremonienmeister fungiert der höchste anwesende Bergoffizier. Dies ist in der Regel der Leiter der Montanbehörde, also der Berghauptmann, oder ein von ihm bestimmter Vertreter. Er besteigt nach einer Fanfare des Bläserquartetts das bereitstehende Bierfass, begrüßt die Anwesenden und verliest folgendes Gedicht:
Am hohen Fest der Barbara, Glück Auf! ihr Bergleut‘ alle!
Gegrüßet seid von fern‘ und nah‘ mit frohem lautem Schalle.
Vom Abbau erklang der Hämmerschlag, es füllen sich die Hunte,
das Erz das stieg herauf vom Schacht, Stund um Stunde.
Gesilbert hat so mancher Gang, stand reich mit Erzen offen;
Wo uns der Anbruch nicht gelang, da muss der Bergmann hoffen.
Drum lebe was den Kittel trägt, und unser blankes Leder,
wer mit der Faust das Eisen schlägt, auch alle von der Feder.
Hilf weiter uns „Sankt Barbara“, wie in vergangnen Jahren,
dann wird zu deinem Lobe ja, so oft noch eingefahren.
Glück Auf!
Im Anschluss leert er sein Bierglas und springt als gutes Beispiel vom Fass über das Leder, das vom ältesten anwesenden Bergmann und dem Betriebsleiter gehalten wird. Dies symbolisiert die Zusammengehörigkeit der Bergmänner, die in einer Gemeinschaft – egal ob Akademiker oder Arbeiter – verbunden sind.
Die Kandidaten stellen sich der Reihe nach auf und besteigen einzeln das Fass. Jetzt beginnt die eigentliche Befragung durch den Zeremonienmeister:
Dein Name?
AW: Sepp Bergmann
Deine Heimat?
AW: Altaussee
Dein Stand?
AW: Bergmann!
Dein Wahlspruch?
AW: Rostig wird im Berg die Schiene, wenn der Hunt nicht drüberläuft. Trübe wird des Bergmanns Mine, wenn er ab und zu nicht säuft!
Je nach Kreativität des Spruches fällt der Beifall der Anwesenden aus. Danach reicht der Zeremonienmeister ein volles Glas Bier mit den Worten: „Nimm dein Glas und trink es aus bis zum Grund“ woraufhin der angehende Bergmann das Glas in einem Zug leeren sollte. Das anwesende Publikum unterstützt den Kandidaten dabei durch gutgemeinte Zurufe. Nachdem er ausgetrunken hat, reicht er das leere Glas weiter (früher wurde es auf den Boden geworfen), der Zeremonienmeister sagt: „Nun spring in deinen Stand und halt‘ ihn stets in Ehren.“ Jetzt folgt der Sprung vom Bierfass über das Leder in den Bergmannsstand.
Der Abend findet immer einen gemütlichen Ausklang mit Musik und Unterhaltung, immerhin sind die Bergmänner – nicht nur im Salzkammergut – als sehr gesellig bekannt.